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Ein kleines Jubiläum feierte die Fazenda da Esperanca Gut Neuhof. 200 Gäste aus der ganzen Welt kamen nach Markee

Quelle: Märkische Allgemeine, Verfasser: TIM TOLSDORFF

MARKEE. In seinem alten Leben war Sebastian ein Süchtiger, mehr als ein Jahrzehnt lang. In seinem neuen Leben ist er schlicht "der Bayer". So nennen den blonden Münchner seine Mitbewohner in der Fazenda Esperanca auf Gut Neuhof. Die christliche Einrichtung bietet Alkohol- und Drogenabhängigen die Chance, von ihrer Sucht loszukommen, den Einstieg ins normale Leben zu schaffen. Sonnabend feierte der "Hof der Hoffnung" in Markee zehnjähriges Bestehen.

Am Vormittag erzählten drei Bewohner den mehr als 200 Besuchern, Mitarbeitern und ehemaligen Bewohnern der Fazenda im randvollen Saal ihre Geschichte – darunter auch Sebastian. "Ich absolvierte eine Drogenkarriere wie aus dem Lehrbuch: Erst Cannabis, dann Ecstasy und schließlich Heroin. Am Ende spritzte ich mir das Zeug, um den Frust aus meinem Job zu verarbeiten", berichtete der 26-Jährige den gebannten Zuhörern. "Ich absolvierte 13 Entgiftungen, brach dazu drei Therapien ab." Seit vier Monaten ist er nun auf Gut Neuhof – und clean. Entscheidend für diesen Erfolg war für ihn die Herzlichkeit, mit der er aufgenommen wurde.

Von dieser Herzlichkeit konnten sich die Besucher überzeugen. Bewohner des Projektes gaben bei Hofführungen Einblicke in das tägliche Leben und die Arbeit auf der Fazenda. Zwischen Schweinestall, Geflügelwiese und Gemüsegarten konnte man sich ein Bild davon machen, wie die Bewohner landwirtschaftliche Produkte für den Eigenbedarf und Verkauf produzieren.

Vertreter der weltweit 56 Fazendas waren gekommen, um sich auszutauschen und zu feiern. Über die Wurzeln der Bewegung in den brasilianischen Armenvierteln erfuhr man von Pfarrer Paul Stapel, der 15 Jahre in Südamerika missionierte und von Anfang an dabei war. Stapel fesselte die Zuhörer mit Berichten von den ersten Süchtigen von Klebstoff schnüffelnden Straßenkindern. Diese hätte man davon überzeugen müssen, einstigen Peinigern zu verzeihen, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. "Denn die Fazenda ist ein Ort, wo man täglich liebt, wo man lernt ein Herz zu haben", sagte Stapel. "Das Evangelium kann leben."

Das Therapie-Konzept auf der Fazenda erläuterte Pfarrer Christian Heim, einer der drei Leiter des Hofes. "Wir möchten nicht einfach einen Entzug für die Süchtigen organisieren, sondern ihnen einen Lebensstil vermitteln, mit dem sie in der Welt draußen zurecht kommen", sagte Heim. "Die Säulen unseres Konzepts sind Arbeit und Gemeinschaft. Dazu kommt die Spiritualität, wir sind ja eine katholische Einrichtung." Die Motivation, sich bei der Fazenda zu melden, müssten die Abhängigen aber selbst aufbringen, einen Brief oder eine E-Mail schicken.