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Von Drogen befreit - Auf der Fazenda "Gut Neuhof" werden Heroinabhängige gesund

Quelle: Preußenspiegel, Verfasser: TINE

MARKEE. Mit 16 Jahren hat Tim das erste Mal Drogen ausprobiert. Fast 15 Jahre konnte er nicht ohne sie leben. Unzählige Entziehungskuren halfen nichts. Ohne Heroin ging gar nichts. Das Verhältnis zu seinen Eltern war kaputt. Wenn ihn seine kleine Tochter mit erwartungsvollen Augen ansah, konnte er es nicht aushalten. "Es klingt paradox, doch Liebe ist, wenn man sie nicht kennt, schwer zu ertragen", sagt der 32-Jährige. Kurz gesagt: Tim war am Ende. Heute führt er Gäste über das rund zwei Hektar große Areal der "Fazenda da Esperanza" auf dem Gut Neuhof und erzählt ihnen von seinem Neuanfang. Das Leben auf dem "Bauernhof der Hoffnung", wie der Name aus dem Portugiesischen übersetzt wird, hat ihn verändert.Wer sich entscheidet, auf die Fazenda zu gehen, führt das Leben eines Aussteigers: Ohne Fernseher, Geld, Handy, E-Mail, Zigaretten, Alkohol und mit wenig Kontakt zur Außenwelt. Wer sich darauf einlassen kann, ist nach einem Jahr clean - so der Idealfall.

"Am Anfang hat man das Gefühl,man gibt etwas auf. Vom ersten Tag an ging es nicht um mein Drogenproblem", sagt Tim. 25 junge Männer, denen es ähnlich ging, arbeiten und leben auf dem Bauernhof. Es werden Schweineställe ausgemistet, Kühe gemolken, Gemüse angebaut, geputzt, gekocht, gebaut und sogar selbst geschlachtet. Da die erste Fazenda von Franziskaner-Mönchen in den 70er Jahren in Brasilien gegründet wurde, ist hier das geistliche Leben ein wichtiger Bestandteil. So gehören das Beten des Rosenkranzes und das Lesen in der Bibel zum Tagesstart. Weiterhin gibt es mehrmals in der Woche eine Messe in der Kapelle, die einst ein Stall war. Und es gibt Austauschrunden in den WGs. Klassische Drogen-Therapien gibts nicht. "Es geht nicht darum einfach Drogen wegzulassen, sondern neues Leben zu lernen", erläutert Sozialarbeiter Gregor Henke, der neben dem Gut Neuhof auch die "Frauen-Fazenda" in Riewind betreut. Tim hat das etwas andere Leben hier voll und ganz angenommen. Nach seinem Jahr Auszeit, hat er sich entschieden noch länger zu bleiben. Jetzt trägt er Verantwortung und schläft im "Verantwortlichen-Haus". Ob er an Gott glaubt,kann er nicht sagen.Doch: "Mir fehlen langsam die Erklärungen, warum es Gott nicht geben soll", witzelt er. In der Fazenda hat sich einiges getan: Das einst verfallene Gut ist gepflegt,die meisten Gebäude sind saniert. Derzeit wird ein Gästehaus gebaut.
Tipp: Wer die Fazenda kennen lernen will, kann jeden Sonntag ab 14 Uhr ins Café kommen. Um 17 Uhr ist Messe, wozu Besucher ebenfalls eingeladen sind.